(UN)LEARNING DISTANCES 

Künstlerische Praktiken austauschen, im Prozess Distanzen überwinden, voneinander (ver)lernen und eine gemeinsame Vision entwickeln – das ist das Konzept der (UN)LEARNING DISTANCES, welches in der Pilotphase beim FAVORITEN Festival 2022 mit 17 Resident*innen aus 9 Ländern erfolgreich erprobt.  

 In dem internationalen Residenzprogramm verbinden sich Künstler*innen aus NRW mit Künstler*innen weltweit zu einem Arbeitstandem. Im digitalen Raum und vor Ort forschen die einzelnen Teams im Vorfeld des Festivals an einer künstlerischen Fragestellung und entwickeln künstlerische Arbeiten, die im Rahmen des FAVORITEN Festivals gezeigt werden.  

Für 2024 wurden im Rahmen eines Open Calls über 120 Bewerbungen eingereicht. Hier konnten sich nicht nur bereits bestehende Teams bewerben, sondern auch Einzelkünstler*innen aus NRW und dem globalen Kontext, die für die Residenz eine neue Konstellation eingehen und einen gemeinsamen Arbeitsprozess beginnen. 

 Das Festival hat folgende vier Teams ausgewählt bzw. zusammengestellt:

  • Ignacia González Torres (Chile / Köln, Deutschland), Pablo Garretón (Chile / Köln, Deutschland), Lorenzo Morales Lobos (Santiago de Chile, Chile)
  • Calvin Hein (Ghana/ Dortmund, Deutschland) und Kay Kwabia (Accra, Ghana)
  • Liza Baliasnaja (Litauen / Köln, Deutschland) und Vera Boitcova (Russland / Helsinki, Finnland)
  • Maria Renee Morales Garcia (Guatemala / Bochum, Deutschland) und Va-Bene Elikem Fiatsi (Kumasi, Ghana)
Resident*innen im Zoom-Call mit dem Team

Ignacia González Torres, Pablo Garretón und Lorenzo Morales Lobos

Ignacia González Torres ist Performerin und Theaterregisseurin in Köln. Sie studierte Schauspiel und absolvierte einen Master in Theaterwissenschaften in Chile. 2015 gründete sie die Theatergruppe Compañia de Teatro PERSONA, um Normen der Wahrnehmung zu hinterfragen und die Rolle von Sound im Theater zu erforschen. Seit 2021 ist sie Teil des Kollektivs what about: fuego und nahm an Festivals wie Politik im Freien Theater (Frankfurt) und Performing Arts Festival (Berlin) teil.  

 Pablo Garretón ist Komponist mit Interesse an Kammermusik mit Live-Elektronik, Multimedia und Klangkunst. Er studierte Komposition in Chile und absolvierte ein Masterstudium in elektronischer Musik und ein Konzertexamen an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. 2018 erhielt er den Kompositionspreis für elektronische Musik des Acht Brücken Festivals in Köln. Seit 2019 ist er Mitglied im Vorstand der Kölner Gesellschaft für Neue Musik. 

Lorenzo Morales ist Telekommunikationstechniker. Er erblindete infolge einer Retinitis pigmentosa. Er arbeitete mit der audiovisuellen Produktionsfirma Almada Media zusammen, die auf Barrierefreiheit spezialisiert ist, und beriet mehr als 15 chilenische Dokumentarfilme bei der Produktion von Audiodeskription. Seit 2017 arbeitet er als Fotograf für Light Painting und ist Performer der Compañia de Teatro PERSONA. 

Über die Zusammenarbeit:
„Wie viel Macht haben Worte bei der Produktion von Realität? Ist es möglich, durch Beschreibungen zu rekonstruieren, was Gewalt zerstört hat? Wie Judith Butler sagt: ‚Gewaltlosigkeit erfordert eine Kritik dessen, was als Realität angesehen wird‘ (2021). In der Residenz “The Force of Nonviolence. Expansive Audio Description (AT)” erforschen wir, wie man diesen kritischen Blick durch Audiodeskriptionen aus einer blinden Perspektive erzeugen und dadurch Szenarien von Gewalt in unserer Vorstellung verändern kann.“  

Calvin Hein und Kay Kwabia

Calvin Hein lebt in Dortmund und arbeitet in Deutschland und Ghana. Seine Arbeit konzentriert sich auf konzeptionelle Dokumentar- und Architekturfotografie. Er interessiert sich vor allem für die Schnittstelle zwischen Gesellschaft und Natur und die Frage, ob unser Umgang mit der Umwelt akzeptabel ist. Ein weiterer großer Teil seiner Arbeit beschäftigt sich mit seiner eigenen Identität als Deutscher, aber auch als Ghanaer, der versucht, mehr über sein Erbe und seine Familiengeschichte zu erfahren. 

Kay Kwabia ist Fotograf. Er lebt in Accra (Ghana). Seine Arbeit umfasst Erfahrungen aus verschiedenen Teilen Ghanas. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Dokumentation seiner Umgebung mit dem Fokus auf das Routinierte, Alltägliche und sonst als uninteressant empfundene Dinge. Die Art und Weise, wie Menschen diese Umwelt wahrnehmen und umgekehrt, ist in seiner Arbeit sehr präsent. 

 Über die Zusammenarbeit: 
„Wir werden uns mit dem Begriff der Community befassen und damit, wie dieser Begriff die uns auferlegten physischen Beschränkungen überwindet, an die wir gewöhnt sind.“ 

Liza Baliasnaja und Vera Boitcova

Liza Baliasnaja (sie/ ihr) ist Choreografin, Performerin und Pädagogin, die zwischen Deutschland und Litauen arbeitet. Im Jahr 2016 schloss Liza Baliasnaja ihre Tanzausbildung in Brüssel bei P.A.R.T.S. ab und absolvierte 2023 ein Bachelorstudium in Philosophie an der Universität KU Leuven. In ihren choreografischen Arbeiten kombiniert sie Forschungen zu Bewegung, Sprache und Stimme und untersucht Formen und Muster, die Welt zu denken und zu verstehen. Ihr Interesse gilt dem Hinterfragen historischer, politischer und sozialer Strukturen, die unser Selbstverständnis prägen.    

 Vera Boitcova ist Theaterregisseurin, Dramatikerin, Kuratorin, queere Performance- und Videokünstlerin, sowie politische Aktivistin. Vera ist Doktorandin an der Universität der Künste, Helsinki. Sie absolvierte einen Bachelor in Regie an der St. Petersburg Theatre Arts Academy, Russland (2011), einen Master in Theater und Performance (Queen Mary University of London, Großbritannien) und Dramaturgie (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland). Sie ist Künstlerin des Future Lab EU-Programms und assoziierte Künstlerin des Globe Art Point Helsinki. Vera ist ehemalige Kuratorin/Koordinatorin von Eve’s Ribs Festival of Feminist Art und QueerFest (Russland).  

Über die Zusammenarbeit: 
„Wir arbeiten an einer Recherche über das Gefühl der Angst. Dabei untersuchen wir verschiedene Aspekte der Angst und ihr Verhältnis zum Körper, zu Formen der Überlieferung (Story-Telling) und zur Kollektivität.“

Maria Renee Morales Garcia und Va-Bene Elikem Fiatsi

Maria Renee Morales Garcia ist bildende*r Künstler*in aus Guatemala und lebt und arbeitet im Ruhrgebiet. Renee beschäftigt sich mit der Intersektionalität von Identität und betrachtet diese durch eine dekoloniale und queer-feministische Linse. Renees Arbeiten sind oft installativ, können aber auch durch verschiedene persönliche Interaktionen wie Happenings, Workshops oder Performances erlebt werden und sollen das Publikum dazu ermutigen, die eigene Positionierung und deren politischen Auswirkungen zu hinterfragen.  

 Va-Bene Elikem Fiatsi [ aka crazinisT artisT] ist eine ghanaische Transfrau mit dem Pronomen sHit, wenn nicht She. Sie arbeitet international als multidisziplinäre „Artivistin“, Kuratorin, Philanthropin und Mentorin in mehreren Ländern. Va-Bene ist Gründerin und künstlerische Leiterin von crazinisT artisT studiO (TTO), Our Railway Cinema Gallery (ORCG) und perfocraZe International Artists Residency (pIAR) in Ghana, deren Ziel es ist, die Kunst zu radikalisieren und den Austausch zwischen internationalen und lokalen Künstler*innen, Aktivist*innen, Forscher*innen, Kurator*innen und kritischen Denker*innen zu fördern. 

 Über die Zusammenarbeit: 
„Im Rahmen unserer fortlaufenden Dialoge und Arbeitsprozesse, in denen wir eine Mischung aus intimen und öffentlichen Begegnungen erschaffen, werden wir das Publikum als Mitwirkende an unseren gemeinsamen Tisch zum Essen einladen. Die interaktive Installation wird uns in intime Gespräche verwickeln, die sich mit dem Unbehagen auseinandersetzen, Distanzen und Räume (physisch, emotional, theoretisch, politisch) zu verlernen und damit eine radikale Praxis der Reflexion unserer gegenwärtigen, lebendigen Erfahrungen und einer ungewissen Zukunft zu beschreiten.“ 

Das Projekt wird initiiert und betreut von Anne Mahlow (Festivalleitung) und Patrick Kohn (Projektleitung). Gefördert wird (UN)LEARNING DISTANCES von der Kunststiftung NRW und mit freundlicher Unterstützung des Goethe-Instituts. 

Die Beiträge der (UN)LEARNING DISTANCES 2022 sind in unserem Archiv gespeichert.

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