KNOCK-KNOCK-KNOCK
Liza Baliasnaja & Vera Boitcova
In welchem Zusammenhang stehen Gastfreundschaft und Angst? In der Performance KNOCK-KNOCK-KNOCK nähern sich Liza Baliasnaja und Vera Boitcova, die sich erst im Residenzprogramm begegnet sind, dem Themenfeld durch die Brille ihrer Migrationsgeschichten, wie auch ihres gemeinsamen kulturellen Hintergrunds, der in der russischen Sprache und der slawischen Kultur liegt. Die Arbeit ist eine Verflechtung volkstümlicher Gruselgeschichten – verwoben in eine performative Geste der Gastfreundschaft. Die Begegnung zwischen Performerinnen und Publikum nimmt in KNOCK-KNOCK-KNOCK die Form der Begegnung zwischen Gastgeber*in und Gäst*in an.
Das Prädikat einer „guten Gastgeberin“ ist für eine normative weibliche Erziehung im russischsprachigen Kontext oft elementar. In ähnlicher Weise ist das Prädikat des*r „guten Gäst*in“ mit einer starken ethischen Normativität verbunden. Eine reibungslose Interaktion zwischen eine*r gute*n Gastgeber*in und eine*m gute*n Gäst*in findet innerhalb einer Gesamtheit von Geboten und Verboten statt. Sie bestehen im jeweiligen Umgang mit der Sprache und einem angemessenen Verständnis von Raum und Zeit im Haus der*s anderen.
Doch was passiert, wenn diese reibungslos funktionierende Beziehung durch Missverständnisse, fehlende gemeinsame kulturelle Praxis oder eine verwirrende Machtdynamik bedroht ist? Wann wird die Gastfreundschaft zur Gefangenschaft? An welchem Punkt könnte ein*e „schlechte*r Gäst*in“ zu sein bedeuten, die eigene Handlungsfähigkeit einzubüßen?
In KNOCK-KNOCK-KNOCK erkunden die Künstlerinnen die abweichenden Wege der Gastfreundschaft. Die Beschäftigung mit Ikonographien der Angst in slawischen Märchen veranlasst Baliasnaja und Boitcova dazu, die Tarnung als performative Strategie zu untersuchen. Sie entdeckten, dass eines der zentralen Merkmale, die etwas „furchterregend“ machen, ihre formverändernde, täuschende, „unerwartet aus dem Nichts auftauchende“ Natur ist. Durch die Politisierung der Situation des Gastgebers und des Gastes reflektiert KNOCK-KNOCK-KNOCK, wie Gewalt im Kontext von Migration als Freundlichkeit erscheinen kann, wenn wir „andere Länder betreten“ und als gute oder schlechte Gäst*innen behandelt werden.
Cast & Credits:
Konzept & Performance: Liza Baliasnaja, Vera Boitcova
Musikkomposition: Hanna Launikovich
Über die Künstler*innen
Liza Baliasnaja ist Choreografin, Performerin und Pädagogin, die zwischen Deutschland und Litauen arbeitet. Im Jahr 2016 schloss Liza Baliasnaja ihre Tanzausbildung in Brüssel bei P.A.R.T.S. ab und absolvierte 2023 ein Bachelorstudium in Philosophie an der Universität KU Leuven. In ihren choreografischen Arbeiten kombiniert sie Forschungen zu Bewegung, Sprache und Stimme und untersucht Formen und Muster, die Welt zu denken und zu verstehen. Ihr Interesse gilt dem Hinterfragen historischer, politischer und sozialer Strukturen, die unser Selbstverständnis prägen.
Vera Boitcova ist Theaterregisseurin, Dramatikerin, Kuratorin, queere Performance- und Videokünstlerin, sowie politische Aktivistin. Vera ist Doktorandin an der Universität der Künste, Helsinki. Sie absolvierte einen Bachelor in Regie an der St. Petersburg Theatre Arts Academy, Russland (2011), einen Master in Theater und Performance (Queen Mary University of London, Großbritannien) und Dramaturgie (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland). Sie ist Künstlerin des Future Lab EU-Programms und assoziierte Künstlerin des Globe Art Point Helsinki. Vera ist ehemalige Kuratorin/Koordinatorin von Eve’s Ribs Festival of Feminist Art und QueerFest (Russland).