DEUTSCHLAND. EIN LABERMÄRCHEN.
Julia Nitschke & Caroline Kapp
Caroline Kapp und Julia Nitschke hinterfragen performativ, wie der Fußballballsommer 2006 deutschen Nationalstolz wieder massentauglich werden ließ und setzten sich märchenhaft erdichtend dem Verdrängen der Nazivergangenheit zur Wehr.
Wer es damals als Reporter*in oder Fan miterlebt hat, kann sich noch gut erinnern an die große Euphorie, die Deutschland erfasste als die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zum zweiten Mal nach 1974 im eigenen Land gastierte. Während die deutschen Autoflaggen flattern, belegt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Männer zwar nur den dritten Platz und dennoch: die Stimmung ist ungetrübt. Blendendes Wetter, volle Stadien und der Siegeszug von Public Viewing auf Plätzen, Straßen, Kneipen. Ein Sommermärchen, fast zu schön, um wahr zu sein. Ein Sommermärchen, dass es Deutschland erlaubt, das „dunkle Kapitel” der eigenen Geschichte umzublättern und dieses erfolgreich in das Masternarrativ einer vereinigten bundesrepublikanischen Identität zu integrieren.
DEUTSCHLAND. EIN LABERMÄRCHEN. nimmt genau diesen Fußballballsommer 2006 in Augenschein. Ausgehend vom kollektiven Hissen der Deutschlandfähnchen fragt die Open Air-Performance nach der historischen Zäsur, die einen deutschen Nationalstolz und eine nationale Identifikation wieder massentauglich werden ließ. Talkshow-ähnlich sitzen Kapp und Nitschke beisammen und erzählen von ihrer Recherchereise durch das bundesdeutsche Gebiet. Mit dem Bild des unbesiegbaren deutschen Fußballs als Rahmenmetapher labern die beiden Künstlerinnen unerlässlich, über die deutsche Gegenwart, über das tagesaktuelle Geschehen, über das Spannungsfeld von einem ins Exil verbannten jüdischen Dichter und dem wiedererstarkenden Nationalismus.
Cast & Credits:
Performance und Konzept: Caroline Kapp, Julia Nitschke
Sounddesign: Florian Wulff
Raum und Kostüm: Die Blaue Distanz (Adam Erdmann & Franziska Goralski)
Mentorin: Enis Maci
Produktionsleitung: Helene Ewert
Dramaturgie: Isabelle Wapnitz
Assistenz Regie: Miriam Brost
Assistenz Raum: Michelle Richter
Assistenz Outfit: Pia Schepers
Künstlerische Beratung: Manon Haase
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW. Gefördert im Rahmen der #TakeHeart Wiederaufnahmeförderung. Eine Kooperation mit der Oval Office Bar.
Über die Künstler*innen
Julia Nitschke und Caroline Kapp arbeiten seit über fünf Jahren an absurden Performances zur Gesellschaftspolitik. Dabei hinterfragen sie Erinnerungspolitiken und Identitätskonstruktionen in Bezug auf Deutschland. Sie finden: Hier und da gibt es ein paar gute Momente, aber insgesamt klafft ein Abgrund auf, blickt man auf den Umgang mit rechter Gewalt, der durch Hanau, Halle, Potsdam und den NSU immer deutlicher wird. www.labernueberseigene.land